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Gütertransport der Zukunft – Wir sind Partner des Startups Ecoro
Achern/Würzburg. Die Revolution der Straseninfrastruktur ist das ambitionierte Ziel eines jungen Unternehmens aus Wurzburg. Es setzt dabei auf ein neuartiges Betontragwerk als Unterbau der Straßen. Dieses Tragwerk ist als Prototyp in Achern entstanden. Das Betonwerk Müller ist Partner des Green Tech Start-ups Ecoro.
Die 15 Meter lange Testanlage in Achern ist der Rahmen, in und auf dem alles passiert. Sie besteht, wie Joachim Strack erklärt, aus sechs modularen Betonteilen, etwa 4,40 Meter breit und 2,40 Meter hoch. Der Geschaftsführer des Familienunternehmens in fünfter Generation beschreibt, dass die Teile binnen Minuten mit zwei Kettenzügen wie Lego zusammengeschoben werden können. Die Methode werde auch für Kanäle genutzt, daher ist die Dichtigkeit schon mal kein Thema. Die Kunst sei, dicht zu sein ohne nachträglich etwas verschweißen zu müssen.
„Frachtpreis beim Gütertransport halbieren“
„Wir wollen den Frachtpreis halbieren“, sagt Ecoro-Marketingchef Philipp Scheler beim Gespräch in Achern: „Wir sind okologischer, langlebiger, weniger personalintensiv, schneller. Im Endeffekt können wir alles besser als der LKW.“
Die Idee hinter der Firmengründung im Januar 2022 war, den Verkehrskollaps zu vermeiden. Mehr Warenverkehr durch immer mehr LKW mache mehr Straßen rascher kaputt, was mehr Baustellen und Staus bedeutet. Während die Bundesregierung vor allem auf den Bau von weiteren Autobahnen oder Fahrstreifen setzt, will Ecoro den Güterverkehr auf CO₂-neutrale Transportshuttles in dem unterirdischen Betontragwerk verlegen – während die Oberfläche weiterhin als Straße genutzt werden kann. In den Betonkörper können auch die Versorgungsleitungen (Wasser, Energie, Telekommunikation) integriert werden.
Die Idee der Würzburger: Autonome Transportfahrzeuge fahren in unterirdischen Betonrohren zu den Be- und Entladestationen, wo Roboter in Sekundenschnelle Waren entgegennehmen und neue aufladen. „Wir schaffen 720 Paletten Stückgut pro Stunde. Das sind bis zu 30 LKW-Ladungen, sagt Scheler. An Hafen, Logistikzentren oder Flughafen entstünden diese Entladeterminals, die rund um die Uhr angesteuert werden können. Das geschlossene Ecoro-System sei beim Bau etwa doppelt so teuer wie herkömmlicher Straßenbau, doch durch die Langlebigkeit, Materialauswahl und neue Umsatzströme amortisiere sich das Investment bereits nach wenigen Jahren, sagt Scheler.
Beton halte mindestens 80 Jahre und könne zu 100 Prozent recycelt werden, unterstreicht Experte Joachim Strack. Man spare sich durch das Betontragwerk die frostfreie Schüttung beim Straßenbau. Im Untergrund kamen die Teile mit allen Geologien zurecht, sagt Strack. Beton sei zudem besser als sein Ruf. Kritisiert werde der Baustoff, weil bei der Zementerzeugung viel Energie verbraucht wird. Allerdings komme die zu großen Teilen aus Ersatzbrennstoffen, also vor allem Müll, sagt Strack. Stahl sei hingegen viel energieintensiver. Auch Ecoro hat laut Scheler nicht lange nach Alternativen zum Beton gesucht.
Deutschland ist mit seiner dichten Infrastruktur nicht der erste Markt für Ecoro. Zunächst hat man Neubauprojekte im Blick. Am weitesten ist Ecoro mit seinen Partnern in Saudi-Arabien. Bei einer Live-Demonstration im November will das Start-up erstmals zeigen, was es kann. Dort wird erstmals eine vollkommen autonome Lieferung von Frachtgut über das eigene Transportsystem vorgeführt.
Shuttles fahren laut Planung mit 40 bis 60 km/h auf zwei Spuren in eine Richtung. Falls es zu Ausfällen kommt, können die anderen Shuttles über die zweite Spur ausweichen. Es gibt keine Schienen oder Gleise, die Fahrzeuge bewegen sich auf virtuellen Linien auf Gummireifen direkt auf dem Beton. Rund 10.000 Euro soll ein solches Shuttle serienreif kosten.
Transportiert werden können bei aktueller Entwicklung palettierte Güter, also eher kein Schuttgut oder Flüssigkeiten. Das aktuell entworfene Shuttle schaffe 1,5 Tonnen. „Damit kann man 90 Prozent der Paletten transportieren“, sagt Strack. An drei Standorten werden die Komponenten des Projekts entwickelt. In Salzburg kommt ganz aktuell der Shuttle erstmals mit dem Terminal zusammen.
„Wir sind stolz auf das, was wir in eineinhalb Jahren geschaffen haben. Das muss uns erst mal jemand nachmachen“, beschreibt Scheler die Stimmung im Team.
Gigantisches Projekt für die Zukunft
Ecoro ist laut Scheler kurz davor, Teil des Riesenneubauprojekts Neom in Saudi-Arabien zu sein (siehe Stichwort). Dort wurde man eine Teststrecke aufbauen und zwei der wichtigsten Teilprojekte miteinander verbinden. Mit dem Zuschlag für dieses gigantische Projekt wäre Ecoro „voll da“, wie Scheler sagt. Bis Jahresende soll die Entscheidung stehen. In anderen Projekten sei Ecoro aber auch „weit dabei“. In Gesprächen ist man laut Scheler auch in Singapur oder beim Wiederaufbau in der Ukraine.
Ecoro und seine Partner bilden „ein großes Konsortium mit großen Industrie-Playern für ein großes Vorhaben. Wenn man im Projekt drin ist, kommt einem der Weg bis zum Ziel gar nicht mehr so kompliziert vor“, sagt Philipp Scheler mit leuchtenden Augen.
Falls in Saudi-Arabien gebaut wird, kommt der Beton aus logistischen Gründen von lokalen Partnern vor Ort. Beton-Müller in Achern wurde für solche Projekte außerhalb Zentraleuropas eine Feldfabrik und das nötige Knowhow beisteuern. „Wir sind dabei“, sagt Joachim Strack. Er freut sich, Teil dieses spannenden Projekts zu sein.
STICHWORT
Neom ist laut Wikipedia ein von der Regierung Saudi-Arabiens projektiertes und im Bau befindliches Siedlungsprojekt auf einer Fläche von 26.500 Quadratkilometern im Nordwesten des Landes unweit des Golfs von Akaba sowie an der Küste des Roten Meeres. Es umfasst im Wesentlichen vier räumlich getrennte Bauprojekte: die 170 km lange Bandstadt The Line, den Seehafen, den Industriestandort Oxagon sowie die Ferienresorts Sindalah im Meer und Trojena in den Bergen. Neom ist Teil der Projekte der „Vision 2030“.
Das Projekt war laut Wikipedia Gegenstand mehrerer Menschenrechtskontroversen, bei denen es um die Vertreibung der lokalen Bevölkerung, eine missbräuchliche Arbeitskultur und den Einsatz von Überwachungstechnologien ging.